Liebe
Hinterbliebene,
Stellt Euch bitte mal
vor, wie real wir eine Bedrohung im Zustand des Traumes empfinden, wenn wir vom
unmittelbar bevorstehenden Angriff eines Tieres träumen oder vom freien Fall.
Sobald wir erwachen, ist diese ‘Gefahr’, die uns im Traumzustand so sehr
quälte, keine Bedrohung mehr für uns. Von einer ganzheitlicheren Perspektive
aus betrachtet, hat jene Bedrohung im Wachzustand ihre Macht 'zu drohen'
gänzlich eingebüßt.
Genau
so kann das Leben von der Perspektive des Todes gesehen werden, liebe
Hinterbliebene, aber nicht von unserer Perspektive als Lebende.
Es gäbe da noch vieles,
das einer Betrachtung des Todes und unseres Verständnisses dieser
existenziellen Phase hinzu gefügt werden könnte. Aber all meine
Erklärungen
und schamanischen Perspektiven würden von geringer Nützlichkeit für
Euch sein, solange Ihr nicht das Leben selbst verstanden habt. Und sie würden wohl von noch geringerem Nutzen
für Euch sein, sobald
Ihr dieses verstanden habt...
Auf
Bali werden Verstorbene verbrannt, nachdem man ihnen unzählige Opferungen
bereitet und Dutzende rituelle Handlungen an der Totenbarre vorgenommen hat.
Die Zeremonie der
Verbrennung ist aufwendig an Dekoration, und es nehmen alle Mitglieder des Banjars (kleinste Verwaltungseinheit auf Bali, etwa 600 bis 2000
Leute) an der Leichenverbrennung teil. Alle Balinesen sind festlich gekleidet und
guter Dinge. Ja, man ist lustig und ausgelassen, denn die
Verbrennungszeremonie ist auf der Insel der Götter ein Freudenfest.
Es gibt dabei keine
Trauer, und keine Tränen. Die Hindu-Religion auf Bali kennt diese
Gefühle im Falle des Ablebens eines Menschen nicht. Man freut sich hier mit
dem Verstorbenen, dass er nun aufsteigt, in höhere Gefielde, losgelöst vom
Ballast seines irdischen Daseins, um sich dort für die nächste Inkarnation
zu bereiten, für die Wiedergeburt in ein anderes Leben, in
einem anderen Körper, zu einer anderen Zeit...
So will es auf Bali das
'Rad des Lebens', das in den Geheimlehren des Westen in Form der liegenden
Acht, der Lemniskate, ausgedrückt wird - dem Symbol für die Ewigkeit und
Unendlichkeit unserer wahren Natur und aller Existenz.
Es mag Euch
ungewöhnlich erscheinen, dass ich Euch gleich vier relativ lange 'Kondolenzschreiben'
überreiche, liebe
Hinterbliebene.
Ich habe mich zu dieser
Vorgehensweise entschlossen, weil ich vermeiden wollte, mit meiner
Trostbotschaft ins Seichte, oder gar ins Triviale abzudriften.
Bitte nehmt meine Worte
als das, was sie sein wollen und vielleicht auch sein können: als eine
ungewöhnliche Spende des Trostes an Euch in Eurer Trauer, welche nur dadurch beim
Tod eines geliebten Menschen in Euch aufkommt, weil Ihr in der
christlichen Kultur dazu konditioniert wurdet.
Der Verlust Eures lieben
Verwandten tut Euch weh und Ihr leidet. Ich verstehe das sehr gut.
Deshalb habe ich versucht, meine Anteilnahme an Eurem Leid mit dieser
Artikelserie auf
eine mir angemessen erscheinende Weise auszudrücken.
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