Nun
sind wir an jenem Punkt angelangt, an dem ich mich der Frage nach dem
zweiten Teil des zweiten Gesetzes von Hermes Trismegistos,
neuerlich zuwenden möchte.
Wir wissen bereits aus dem dritten Artikel
dieser Serie, dass der zweite Teil des zweiten hermetischen Gesetzes
wie folgt lautet:
Wie die Vorderseite, so die Rückseite
Wir haben inzwischen erkannt, dass es sich bei dem, was wir
"Leben" bzw. "Tod" nennen, um eine Polarität handelt. Leben und Tod bedingen
einander daher ebenso wechselseitig, wie etwa das Positive das Negative
bedingt und umgekehrt.
Wenn uns Hermes in seinem zweiten Gesetz darauf hinweist, dass
es sich bei jeder Vorderseite und Rückseite ebenfalls um Entsprechungen ein
und desselben Geschehens oder Ablaufes handelt, dann dürfen wir daraus den
Schluss ziehen, das alles, was für die Vorderseite einer Realität gilt,
notwendig auch für deren Rückseite gelten muss.
Wir
haben sohin weiters erkannt, dass es sich bei den von Hermes verwendeten
Begriffen, "Vorderseite" und "Rückseite", ganz offensichtlich um eine
weitere Bezeichnung für ein Gegensatzpaar, also um eine Polarität, handelt.
Auch haben wir bereits erfahren, dass die hermetischen Grundsätze
uneingeschränkt gelten und daher auch auf die Polaritäten selbst zutreffen
müssen; diese sind es, die unser Dasein und das Sein überhaupt strukturieren
und hervorbringen.
Wer mir bis hierher gefolgt ist, wird bereits verstanden haben,
dass es sich beim Pol "Tod" nur um die Rückseite der Polarität "Leben/Tod"
handelt, und umgekehrt stellt das "Leben" bloß die Vorderseite der selben
Polarität dar.
Was aber ist die
Konsequenz all dieser Überlegungen ?
Wir erinnern uns an das erste Gesetz des Hermes, wonach
alles, was einen Anfang hat, auch ein Ende haben muss. Wir haben bereits
festgestellt, dass dieses Gesetz für jenen Bereich, den wir "Leben" nennen,
ohne Schwierigkeiten für jedermann einleuchtend ist.
Nochmals: Der Mensch wird gezeugt und geboren. Das Leben nimmt
damit seinen Anfang, und es endet an jenem Tage, an dem die Seinsqualität,
die wir "Leben" nennen, den Körper verlässt. Das Leben, das mit der Zeugung
begonnen hatte, hat mit dem Eintritt des Todes sein Ende gefunden. Der
Tatbestand des ersten hermetischen Gesetzes ist somit für die Vorderseite
der Polarität "Leben/Tod" hergestellt.
Was aber ist
gleichzeitig mit dem Übergang von der einen Seinsqualität in die andere
eingetreten ?
Wir
wissen bereits, dass der Pol "Tod" die Rückseite der Polarität
"Leben/Tod" darstellt. Und wir wissen, dass der Eintritt des Todes mit
dem Ende des gegenläufigen Pols "Leben" zusammenfällt, und
dadurch auch seinen Anfang genommen hat.
Da nach dem zweiten Teil des zweiten hermetischen
Gesetzes die Vorderseite stets der Rückseite entspricht, muss das,
was für die Vorderseite der Polarität "Leben/Tod" gilt, auch auf für
die
Rückseite dieser Polarität gelten.
Mit anderen Worten:
Was für den Pol "Leben" ausgesagt wurde, muss in Ansehung des
zweiten Teiles des zweiten Grundprinzips des Gottes Thoth auch für
den Tod zutreffend sein.
Wir haben das erste hermetische Prinzip auf das Leben umgelegt,
und wir sind nach dem eben Gesagten berechtigt, diesen Grundsatz auch auf
die
Rückseite der Polarität "Leben/Tod" anzuwenden.
Die Konsequenz, die aus dieser Vorgangsweise resultiert, ist
die Einsicht, dass der Tod mit dem Ende des Lebens seinen Anfang
nimmt, und daher - entsprechend dem ersten hermetischen Prinzip -
ebenfalls
ein Ende haben muss.
Was aber ist das
Ende des Todes ?
Das
Ende dieser Seinsqualität kann sich nach dem bisher Vorgebrachten nur durch
das Wiedererstarken des gegenläufigen Pols, des Lebens also, ausdrücken. Das
Ende des Todes muss daher mit dem Beginn des Lebens zusammenfallen. Und
tatsächlich scheint es so zu sein, dass das Ende des Tod mit der
Inkarnation, mit der Fleischwerdung eines neuen Lebens, eintritt.
Es handelt sich beim zweiten Teil des zweiten Gesetzes um die
gesetzmäßig nachvollzogen Notwendigkeit der Wiedergeburt zum Zwecke der
transformatorischer Reproduktion alles Seienden, die wir hier gemeinsam
entdeckt haben.
Stirb-und-Werde heißt die eigentliche Botschaft, die uns aus
dem entschlüsselten zweiten Teil des zweiten hermetischen
Gesetzes, "Wie die Vorderseite, so die Rückseite", unmissverständlich
ins Bewusstsein tritt...
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