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Tod, wo ist Dein Stachel? – Teil 2 von 4
von Dr. Friedrich Demolsky
 

Worte des Trostes von der Schamaneninsel

Liebe Hinterbliebene,

Bitte stellt Euch vor wie eine Welle gegen einen wunschlosen Strand auf Bali rollt...

Sie quirlt und lässt Schaumblasen entstehen, zieht Sand vom Grund mit sich und neckt die kleinen Sandpfeifer entlang ihres Weges. Ein gewisses Quantum ihrer Kraft wird ihr durch das Auslaufen gegen den Strand hin genommen, während ein anderer Teil ihrer Kraft im immerzu aufnahmebereiten Sand versickert. Sobald sich diese Welle zurückzieht, treten kleine Blasen aus dem Sand hervor; glitzernde Muster tanzen in den dunkeln und hellen Sandpartikeln, und zerbrochene Muscheln erzählen uns Geschichten über frühere Bewohnern des großen Wassers...

Wenn wir den Ozean und die Natur seiner Strände kennen, müssen wir uns dann Sorgen darum machen, dass keine Welle mehr der von uns betrachteten folgt?

Natürlich brauchen wir uns nicht zu sorgen. In einem zeitlosen Szenario, das in meiner Betrachtung durch das Meer repräsentiert wird, werden die Wellen immer gegen den Strand rollen, eine nach der anderen - jede auf eine subtile Weise von der anderen verschieden, jede mit ihrer eigenen Wirkung. Sobald sich eine Welle ins Meer zurückzieht, wird eine andere aufkommen. Dies ist eine Notwendigkeit, die durch die Natur der Welle bedingt ist.

Unsere Existenz, liebe Hinterbliebene, ist tatsächlich eine grenzenlose Gesamtheit, eine Kontinuität. Sie erscheint uns nur dann bruchstückhaft, wenn es uns am Bewusstsein bezüglich dieser allumfassenden Ganzheit mangelt. 

Erinnert Euch daran, was ich Euch in meinem 'Kondolenzschreiben' (Teil 1) dazu gesagt habe!

Der Tod ist seinem Wesen nach wie die Höhen des von den Fledermäusen verursachten Tschirpens im Spektrum der Frequenzen - jenseits unserer unmittelbaren Wahrnehmung. Aber in seiner Essenz ist auch der Tod eine Kontinuität von dem, was wirklich ist - von dem, was wir alle unserem Wesen nach sind.

Genau so wie wir den beständigen, ununterbrochenen Ton der Fledermaus nicht mit unserem Ohr wahrnehmen können, genau so können wir auch nicht jenen Teil der Existenz mit unseren Sinnen wahrnehmen, der sich jenseits der Periode unseres Lebens befindet. Trotz unserer eingeschränkten Wahrnehmung bezüglich des Ganzen ist der Ton, den die Fledermaus ausstößt, beständig; er basiert also in Wahrheit auf Kontinuität. Und genau das gilt auch für die Existenz eines bewussten Wesens...

Wir können die Welle beobachten wie sie gegen den Strand kracht, und wir können jeden Aspekt derselben analysieren, ihre Kraft messen, ihre Ausdehnung und ihre unterschiedlichen Wirkungen.

Aber wir können die Welle so lange nicht verstehen, bis wir einen Blick auf den Ozean und auf die Erde getan haben, denn die Welle ist bloß ein isolierter Aspekt von einem viel größeren Ganzen.

Und genau so, sind wir Menschen das auch...
 

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