Email des Anfragenden vom 6.6.2012:
Sie sagten: „SICH UNBEGRENZT WOHL ZU FÜHLEN, IST IN DIESEM
LEBENSFORMAT, IN DIESER EXISTENZ NICHT MÖGLICH. WIR KÖNNEN UNS AUCH NOCH SO
SEHR DARUM BEMÜHEN UND DIESE GLÜCKSELIGKEIT ODER ZUFRIEDENHEIT ERREICHEN,
ABER WIR FALLEN IMMER WIEDER AUS DIESEM ZUSTAND HERAUS UND TRETEN IN EINEN
LEIDVOLLEN ZUSTAND EIN (UNFÄLLE, KRANKHEIT, VERLUSTE etc.) DIESE FÄHIGKEIT
HABEN WIR IN DIESEM LEBENSFORMAT MIT SICHERHEIT NICHT, DENN SONST HÄTTE SICH
DIESE DISKUSSION ERÜBRIGT.“
*Könnte Sie etwas näher erläutern,
wie sie zu der Sicherheit gelangen, dass unsere Seele nicht einmal
theoretisch die Möglichkeit hätte, sich „IN DIESER EXISTENZ“ „UNBEGRENZT
WOHL ZU FÜHLEN“?
Wir beobachten zwar, dass wir
Menschen nicht unbegrenzt glücklich sind, doch weswegen oder wodurch stellen
Sie hier die Verbindung her zwischen dem: „AKT DES INKARNIERT SEINS“ und
dem: „NICHT UNBEGRENZT GLÜCKLICH SEIN KÖNNENS“?
Wenn ich hier nichts übersehe, hat
das eine logisch absolut nichts mit dem anderen zu tun! Meiner Auffassung
nach geht es, wie schon gesagt, im Leben und Sein nicht darum, permanent
Glücksempfindungen zu haben, sondern darum langfristig daran zu „arbeiten“
die Fähigkeit zu erlangen, sich immer glücklicher zu fühlen. Darum und nur
darum erleben wir im inkarnierten Zustand Leid, weil wir es uns selbst (zum
Zwecke der Weiterentwicklung unserer Wohlfühlfähigkeit) aufbürden.
Auch wenn dies den Lehren Ihrer
Religion widerspricht, hat meines Erachtens die Gegebenheit, dass wir Leid
erleben und nicht uneingeschränkt glücklich sind, nicht zwingend etwas mit
dem „Phänomen des Inkarniertseins“ zu tun!
Zwar sehen wir, dass in unserer
Realität die meisten Menschen immer wieder Leid erleben, das hat meines
Erachtens aber den Grund darin, dass unsere Realität eben ein Ort ist, an
dem wir uns unter anderem durch Leid weiterentwickeln WOLLEN.
Es könnte aber genauso Planeten
geben, wo Menschen (bzw. Seelen) inkarniert sind und nicht leiden. Reine
Spekulation, werden sie jetzt sagen, genauso unbeweisbar aber auch Ihre
These, dass dem Bewusstsein das Leid ausgerechnet im inkarnierten Zustand
innewohnend sein muss.
Ich bin mit einer Reihe an
Menschen in Kontakt, die genau den Prozess durchmachen, den ich beschrieben
habe, nämlich sich in immer größeren Umfang wohl zu fühlen.
Selbst an mir
kann ich den Trend beobachten, dass die Intervalle, in denen ich nicht leide
und mich gut fühle, immer länger werden – und genau das meine ich mit
Glücklichsein!
Weiters sagen Sie:
„ICH WÜNSCHE UND GÖNNE IHNEN JA
DIESE DAUERHAFTEN GLÜCKSEMPFINDUNGEN VON GANZEM HERZEN, N.N., DOCH HALTE ICH
DEREN DAUERHAFTIGKEIT FÜR EINE ILLUSION. WIE SOLL DENN EIN ALTER MENSCH, EIN
KREBSKRANKER, EIN MENSCH, DER GERADE EINEN LIEBEN MENSCHEN VERLOREN HAT, IN
SOLCHEN SITUATIONEN IN GLÜCKSEMPFINDUNGEN SCHWELGEN KÖNNEN??? VERZEIHEN SIE
MIR, ABER DAS IST WUNSCHDENKEN UND IST KEINESWEGS VON DER ALLGEMEINEN
LEBENSERFAHRUNG ERFASST.“
Nun es scheint, als würden wir
hier etwas aneinander vorbeireden.
Vielleicht können Sie durch
folgende Beschreibung meine Position verstehen:
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Ich leugne nicht, dass z.B. ein
Krebskranker, ein Trauernder oder ein Mensch mit Altersbeschwerden Leid
erträgt! Das verdränge ich keineswegs!
Meine Überzeugung ist die, dass
unsere Seelen dieses Leid WILLENTLICH eingehen, um sich durch dies
Erfahrungen weiterzuentwickeln. Dass wir dieses Leid also immer nur dann
erleben, wenn wir uns SELBST zu diesen schwierigen Entwicklungsschritten
entscheiden. Und das tun wir deswegen, weil das Durchwandern des Leids für
bestimmte Entwicklungsschritte (die WIR SELBST machen WOLLEN) notwendig ist.
Die Seele hätte aber immer die
Möglichkeit, sich für eine begrenzte Phase des Daseins ohne Leid zu
entscheiden! Was denken Sie denn, in welchen Zustand die Seele nach der
Inkarnation geht?
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Wie stellen sie sich denn das
Dasein der Seele im Jenseits vor? Also dort, wo wir nach der Inkarnation
sind?
Meines Erachtens ist dort ein Zustand, ähnlich wie er vom Christentum
als Paradies beschrieben wird. Ein Ort, wo eben nur Glück und kein Leid
herrscht.
Noch ein drittes Mal:
Meine Überzeugung ist die, dass
die Seele ewig zwischen Zuständen der paradiesischen Glückszustände und
solche Zuständen, in denen Sie sich durch Leid weiterentwickelt, hin-und-her
wechselt.
Aber wann sie sich für die
leidvollen Weiterentwicklung entscheidet und wann für reines Wohlfühlen,
liegt ganz bei der Entscheidung der Seele selbst.
Das impliziert natürlich, dass wir
bis in alle Ewigkeit Leid ertragen müssen (weil wir es zwecks
Weiterentwicklung ertragen wollen), aber eben auch bis in alle Ewigkeit
IMMER die Option haben, uns fürs Glücklichsein zu entscheiden, und diese
auch nach beschwerlichen Inkarnationen wählen.
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Eine Frage, die nun bei Ihnen
aufkommen wird, ist die: „Warum sollte sich eine Seele freiwillig für das
Leiden entscheiden, wenn sie theoretisch genauso leidlos und glücklich sein
könnte?“
Meine Antwort: Eben durch das
Erleben von Leid entwickelt die Seele erst die Fähigkeit, ihr von innen
herauskommendes Wohlfühlen immer intensiver zu spüren und zu erleben. Das
ist der Grund, weswegen wir uns für Leid entscheiden: WEIL WIR NACH DEM
DURCHLEBEN DES LEIDS, INTENSIVER DAZU IN DER LAGE SIND, UNS GLÜCKLICH ZU
FÜHLEN, ALS WIR ES VOR DEM DURCHLEBEN DES LEIDS WAREN.
Da die Seele ewig danach strebt,
sich weiterzuentwickeln, haben Sie insofern Recht, als dass wir auch immer
Leid erleben werden.
Ich hoffe, dass Ihnen nun meine
Position verständlich ist, und möchte mit den anderen Fragen noch warten,
bis wir diese Missverständnisse ausgeräumt haben.
PS: Mir ist bewusst, dass ich
meine Auffassung der Wirklichkeit (genauso wie Sie letztes Mal) hier in Form
von Behauptungen aufgestellt habe. Es ist aber nicht der Fall, dass - wie
Sie in Ihrer letzen Mail meinten - meine Überzeugungen bloße, aus der Luft
gegriffene Wunschvorstellungen wären. Durch welche Beobachtungen und
Schlussfolgerungen ich zu meinen Überzeugungen gelange, werde ich demnächst
darlegen".
Meine Antwort darauf vom 7.6.2012
"Lieber N.N.,
Danke für die zusätzlichen Infos
betreffend Ihre Person sowie für Ihre sonstigen interessanten Ausführungen,
über die ich in der Zwischenzeit tiefer nachgedacht und sie dabei in Kontext
unserer bisherigen Diskussion gestellt habe. Überdies habe ich mich in Bezug
auf bestehende, einschlägigen philosophische Anschauungen, Aussagen und
Überlieferungen zum Thema Glück, Glückseligkeit, Streben nach Glück und
Zufriedenheit in der mir zur Verfügung stehenden Literatur umgesehen. Danach
bin ich zur Auffassung gelangt, dass unsere Diskussion insofern nicht
zielführend und daher unbefriedigend bleiben muss, als es sich bei all
diesen Begriffen um sehr komplexe und vieldeutige handelt, die je nach der
von uns angelegten subjektiven Perspektive eine völlig andere Bedeutung und
Wertigkeit gewinnen. Dabei können die von uns angelegten Perspektiven - dh
unsere subjektiven Glaubensanschauungen allein betreffend die og Begriffe
entweder richtig oder falsch sein, aber unsere diesbezüglichen
Glaubensanschauungen tragen nichts, rein gar nichts zur Klärung unseres
Bewusstseins betreffend die Hauptfragen im Hinblick auf unser kompliziertes
Thema bei. Wir dürfen daher auch nicht im mindesten damit rechnen, dass wir
bei unserer Diskussion zu abschließenden, für beide Teile befriedigenden
und akzeptablen Resultaten kommen könnten.
Warum nicht? Ich will versuchen,
Ihnen das anhand einiger Beispiele aufzuzeigen, die ich der Literatur
entnommen habe, indem ich diesen Ausführungen meine darauf basierenden
persönlichen Schlussfolgerungen zugrunde lege:
Abklärung der Bedeutung:
1. Glück
Als Erfüllung menschlichen Wünschens
und Strebens ist Glück ein sehr vielschichtiger Begriff, der Empfindungen
vom momentanen Glücksgefühl bis zu anhaltender Glückseligkeit einschließt,
aber auch als ein äußeres Geschehen begegnen kann, z. B. als glücklicher
Zufall oder als eine zu Lebensglück verhelfende Schicksalswende.
Das Streben nach Glück hat als
originäres individuelles Freiheitsrecht Eingang gefunden in das
Gründungsdokument der ersten neuzeitlichen Demokratie, in die
Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten. Dort wird es als "Pursuit
of Happiness" bezeichnet. Die Förderung individuellen menschlichen
Glücksstrebens ist heute Gegenstand spezifischer Forschung und Beratung
unter neurobiologischen, medizinischen, soziologischen, philosophischen und
psychotherapeutischen Gesichtspunkten. Insgesamt sind politische Freiheit,
soziale Netzwerke und die Abwesenheit von Korruption zentral dafür, das
Menschen glücklich sind.
Das Wort „Glück“ kommt von
mittelniederdeutsch gelucke (ab 12. Jahrhundert) bzw. mittelhochdeutsch
gelücke. Es bedeutete „Art, wie etwas endet/gut ausgeht“. Glück war demnach
der günstige Ausgang eines Ereignisses. Voraussetzung für den „Beglückten“
waren weder ein bestimmtes Talent, noch auch nur eigenes Zutun. Dagegen
behauptet der Volksmund eine mindestens anteilige Verantwortung des
Einzelnen für die Erlangung von Lebensglück in dem Ausspruch: „Jeder ist
seines Glückes Schmied“. Die Fähigkeit zum Glücklichsein hängt in diesem
Sinne außer von äußeren Umständen auch von individuellen Einstellungen und
von der Selbstbejahung in einer gegebenen Situation ab.
2. Zufriedenheit
Zufriedenheit bedeutet gemäß dem
Bedeutungswörterbuch des Duden: a) innerlich ausgeglichen zu sein und nichts
anderes zu verlangen, als man hat; b) mit den gegebenen Verhältnissen,
Leistungen o. ä. einverstanden zu sein, nichts auszusetzen zu haben.
Adjektivisch ist man zufrieden (etwa mit sich und der Welt).
Die gesteigerte Zufriedenheit mit
sich, wenn man einer (etwa sittlichen) Pflicht unter Opfern genüge getan
hat, ist die Genugtuung. Sie muss sich nicht nach außen zu erkennen geben,
anders als der Stolz. Erscheint der Stolz auf sich allzu billig, wird er als
Selbstzufriedenheit kritisiert.
Antonym zu Zufriedenheit ist
Unzufriedenheit.
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Philosophie spielte bereits in der
griechischen Antike die Rolle eines Wegweisers zur Lebenskunst, die
ihrerseits als Grundlage eines beglückenden Daseins fungiert. Dabei sind die
Ratschläge der Alten zur Lebenskunst noch immer beachtenswert, weil auf
diesem Feld – anders als in den modernen Wissenschaften – nicht die immer
neuen Entdeckungen und Erfindungen dominieren: „Die zwei entscheiden-den
Faktoren, die Herausforderungen des Lebens und die glückstauglichen
Antworten, sind wegen ihres Zusammenhangs mit der Conditio humana in ihrem
Kern kultur- und epochenunabhängig.“
Antike Philosophien zu
Glücksbegriff:
Was den antiken Glücksbegriff vom
modernen tendenziell unterscheidet, liegt in dem Bemühen der frühen
Philosophen, objektive Glücksmaßstäbe zu entwickeln (d. h. äußere Güter oder
innere Haltungen des Menschen), aus deren Erfüllung das Lebensglück
abzuleiten war („Erfüllungsglück“), während die moderne Auffassung eher von
subjektiven, episodischen Eigenbewertungen der Individuen ausgeht
(„Empfindungsglück“): „Die enorme Bedeutung der modernen Subjektivierung des
Glücks wird etwa im politischen Liberalismus erkennbar. Zentrale Merkmale
der liberalen Demokratie sind ja ihre Offenheit gegenüber unterschiedlichen
Auffassungen vom guten Leben und ihre prinzipielle Neutralität gegenüber
divergierenden Glücksvorstellungen.“
Solon & Kroisos & Tellos - Paradox
des Solon
Charakteristische Merkmale antiker
Glücksvorstellungen sind bereits im Vorfeld der klassischen griechischen
Philosophie anzutreffen. Bekanntes Beispiel ist der Besuch des athenischen
Staatsmannes Solon, eines der Sieben Weisen, beim Lyderkönig Kroisos, der
sich von dem Gast bestätigen lassen möchte, er sei der glücklichste Mensch
auf der Erde. Solon aber bezeichnet den Athener Tellos als den
Glücklichsten, weil er in einem blühenden Gemeinwesen gelebt, tapfere Söhne,
gesunde Enkel, ein gutes Vermögen und einen ehrenvollen Tod als Soldat
gehabt habe. "Vor dem Tode", so bescheidet er Kroisos, "dürfe sich niemand
glücklich preisen". Die Auskunft ist auch als „Paradox des Solon“ bekannt;
denn nach dem Tode ist keine Stellungnahme mehr möglich, sodass zu keinem
Zeitpunkt des Lebens jemand überhaupt von sich sagen dürfte (oder jemand
anderer von einem), er sei glücklich.
Philosophenschulen und Eudaimonie
Dass nur der dauerhafte Lebenserfolg
Glück zu begründen geeignet ist, wurde von der antiken Philosophie
aufgenommen und weitgehend nach innen gewendet. Als glücklich im Sinne der
Eudaimonie wurde danach angesehen, wer einen guten Daimon hatte, der ihn zur
tugendhaften Lebensführung anleitete. Die Unterschiede der antiken
Philosophenschulen beruhten in der Folge hauptsächlich auf je eigenen
Vorstellungen darüber, welche Art der Lebensführung letztlich zu einem
wohlgeratenen und preisenswerten Dasein im Sinne der Eudaimonie führte.
Sokrates
Für Sokrates stellte die Eudaimonie
nicht ein Privileg der Begüterten, Vornehmen und von den Göttern
Begünstigten dar, sondern ein für alle erreichbares Ziel, das durch
vernunftgegründete, tugendhafte Lebensführung anzustreben ist. Angesichts
des gegen ihn wegen Gottlosigkeit und Verführung der Jugend geführten und
mit seinem Todesurteil endenden Prozesses hat Sokrates betont, man tue im
Sinne des eigenen Seelenglücks notfalls besser daran, Unrecht zu erleiden
als Unrecht zu tun. Die mögliche Flucht aus dem Gefängnis lehnte er Freunden
gegenüber deshalb ab. Nicht nur mit dieser deutlich moralisch akzentuierten
Wendung des Glücksbegriffs hat Sokrates die ihm nachfolgenden
Philosophengenerationen beeindruckt; auch sein einfacher Lebensstil und
seine mitunter staunenswerte Körperbeherrschung wirkten beispielhaft fort.
Platon
Platons Glücksbegriff war dem seines
Lehrers Sokrates eng verwandt. Eudaimonie gründet nach seiner Lesart in
einer Lebensführung, die der Gerechtigkeit verpflichtet ist. Gerechtigkeit
erschließt sich dem Philosophen in der Betrachtung und Nachahmung der
Ideenordnung, der das Wohlgeordnete und Gleichbleibende und – als Erfüllung
des menschlichen Strebens – das Gute innewohnen. Zu den „Inseln der Seligen“
gelange nach seinem Tod, wer sein Leben gerecht und heilig geführt habe.
Platon lehrte das Fortbestehen der Seelen nach dem Tode, gerechter wie
ungerechter, und ihre Belohnung oder Bestrafung je nach Art der
Lebensführung.
Aristoteles
Im Rahmen der Nikomachischen Ethik
hat Aristoteles den Glücksbegriff seinerseits eingehend untersucht und
seiner umfänglichen Abhandlung vorausgeschickt, dass man sich dabei „mit
demjenigen Grade von Bestimmtheit begnügen müsse, der dem gegebenen Stoffe
entspricht.“ Im Ergebnis präsentiert er ein abgestuftes Glücksmodell, das
sich aus mehreren Komponenten zusammensetzt. Als höchstes und sich selbst
genügendes Ziel sei die Glückseligkeit allen anderen menschlichen Strebungen
wie Ehre, Lust und Vernunft vorgeordnet. Gebunden sei die Eudaimonie an eine
Tätigkeit, andernfalls sie ja auch im Schlaf oder in der Art des
Pflanzenlebens erlangt werden könnte; und wie die Glückseligkeit müsse auch
die zugehörige Tätigkeit sich selbst genügen. Diese Voraussetzung sieht
Aristoteles für geistige Betrachtungen als erfüllt an: „Der Geist nämlich
ist das Beste in uns, und die Objekte des Geistes sind wieder die besten im
ganzen Bereich der Erkenntnis. Sodann ist sie die anhaltendste. Anhaltend
denken können wir leichter als irgend etwas anderes anhaltend tun.Ferner
glauben wir, dass der Glückseligkeit Lust beigemischt sein muss. Nun ist aber
unter allen tugendgemäßen Tätigkeiten die der Weisheit zugewandte
eingestandenermaßen die genussreichste. Und in der Tat bietet die Philosophie
Genüsse von wunderbarer Reinheit und Beständigkeit…“
Für die glücksträchtige Betätigung in
theoretischen Studien bedürfe es vor allem der Muße, die aber nicht auf den
ansonsten bedeutsamen Betätigungsfeldern des Krieges und der Politik zu
erlangen sei. In zweiter Linie wichtig für die Eudaimonie seien Tätigkeiten,
die von Tugenden wie Gerechtigkeit und Tapferkeit bestimmt sind; Politik und
Kriegseinsatz stellen dafür denn doch wichtige Anwendungsbereiche dar. Und
schließlich braucht ein Glückseliger nach Aristoteles auch gute äußere
Lebensbedingungen (Gesundheit, Nahrung, sonstigen Bedarf), und zwar wie
alles sonst im rechten Maß, aber nicht im Überfluss.
Die Zeit nach Aristoteles
(Alexander der Große, Kynetiker & Diogenes von Sinope)
In der auf Aristoteles und das
großräumige Wirken seines Schülers Alexanders des Großen folgenden Epoche
des Hellenismus nahm das philosophisch begründete Glücksstreben verstärkt
asketische Züge an, modellhaft-radikal vorgeführt von den Kynikern und ihrem
prominenten Vertreter Diogenes von Sinope, der einem materiell so
bedürfnisarmen Glück frönte, dass er dem ihn aufsuchenden und nach seinen
Wünschen sich erkundigenden Alexander zur Antwort gab: „Geh mir ein wenig
aus der Sonne.“ Trotz oder wegen des Affronts stark beeindruckt, soll
Alexander im Weggehen angesichts der Belustigung seiner Begleiter ausgerufen
haben: „Wahrlich! Wenn ich nicht Alexander wäre, so möchte ich wohl
Diogenes sein.“
Pyrrhon von Elis
Ein Teilnehmer des Alexanderzuges
nach Indien, Pyrrhon von Elis, begründete nach seiner Rückkehr mit der
Skepsis ebenfalls eine originelle philosophische Strömung des Verzichts, in
diesem Fall des Verzichts auf sichere Erkenntnis. Eudaimonistisches Leitbild
für ihn und seine Anhänger war ein entspanntes, erschütterungsfrei zu
führendes Leben. Die Pyrrhoneer verschrieben sich daher der Ataraxie
(„Unerregtheit“) und sahen den Weg zum Glück darin, „meinungslos“ zu
bleiben, sich also jeglichen Urteils zu enthalten.
Antisthenes, Epikur, Aristippos
von Kyrene
Wie die Kyniker in dem
Sokratesschüler Antisthenes ihren Vordenker hatten, so konnten Epikur und
seine Anhänger an die Lehre des Sokratesschülers Aristippos von Kyrene
anknüpfen. Ihm zufolge sind die individuellen Sinnesempfindungen Maßstab des
Guten, und eine darauf abgestimmte Lustmaximierung verspricht ein Höchstmaß
an Glück. Epikur fügte dieser bei Aristippos mit genussreichem Wohlleben
verbundenen Lehre u. a. eine ausgeprägte asketische Komponente hinzu, sodass
der gefestigte epikureische Weise schließlich weder Schmerzen noch den Tod
oder die Götter zu fürchten hat und gerade wegen gezielt maßvoller
Bedürfnisbefriedigung (und Unlustvermeidung) das Glück eines dauerhaften,
maximalen Lustgewinns erreicht. Den Tod vor Augen, hat Epikur die eigene
Lehre, die mit hoher Wertschätzung von Freundschaftsbeziehungen einhergeht,
in seinem Abschiedsbrief an Idomeneus folgendermaßen beglaubigt: „Den
seligen und zugleich letzten Tag meines Lebens verbringend, schreibe ich
euch diese Zeilen. Ich werde von Harn- und Ruhrbeschwerden verfolgt, die
keine Steigerung der Größe mehr zulassen. All dem aber steht gegenüber die
Freude der Seele über die Erinnerung an die von uns geführten Gespräche.“
Stoiker & Zenon von Kition, Seneca
Etwa zeitgleich mit den Epikureern
entstand um Zenon von Kition mit der Stoa eine weitere Philosophenschule mit
eigenem Glücksleitbild und nachhaltiger Ausstrahlung in Athen. Für Stoiker
ist es vor allem der Gebrauch der mit der Ordnung des Kosmos harmonierenden
menschlichen Vernunft, der ihnen das Glück des Seelenfriedens verschaffen
kann. Dabei gilt es vorrangig, die Kontrolle über die eigenen Affekte zu
erlangen sowie unterscheiden zu lernen zwischen den Dingen, auf die sich die
eigene Gestaltungs-fähigkeit und Verantwortung erstreckt –
Leitvorstellungen, Urteils-bildung, tätiges Streben –, und solchen als
sittlich gleichgültig anzusehenden Dingen (Adiaphora), über die zu verfügen
nicht in der eigenen Hand liegt, wie z. B. Körpergestalt, Besitz oder
Ansehen. Eine scheinbar ganz einfache stoische Glücksformel stammt von
Seneca: „Wer die Einsicht besitzt, ist auch maßvoll; wer maßvoll ist,
auch gleichmütig; wer gleichmütig ist, lässt sich nicht aus der Ruhe
bringen; wer sich nicht aus der Ruhe bringen lässt, ist ohne Kummer; wer
ohne Kummer ist, ist glücklich: also ist der Einsichtige glücklich, und die
Einsicht reicht aus für ein glückliches Leben!“
Marc Aurel
Anders als die Eudaimonie der
Aristoteliker oder der Epikureer zielte die stoische aber weniger auf ein
von Betrachtungen in Muße erfülltes Dasein bzw. auf ein Leben hauptsächlich
unter gleichgesinnten Freunden. Stoiker wussten sich dem Gemeinwesen
verpflichtet und nahmen daran als Kosmopoliten Anteil. Als letzter in der
Reihe bedeutender stoischer Philosophen hat Kaiser Mark Aurel bezeugt:
„Meine Natur aber ist eine vernünftige und für das Gemeinwesen bestimmte;
meine Stadt und mein Vaterland aber ist, insofern ich Antonin heiße, Rom,
insofern ich ein Mensch bin, die Welt. Nur das also, was diesen Staaten
frommt, ist für mich ein Gut.“
Stoa & Neuplatonismus &
Christentum, Plotin, Augustinus
Stoa und Neuplatonismus markieren den
Ausgang der antiken Philosophie des Seelenglücks. In mancher Hinsicht waren
sie aber auch für die nachfolgend dominierende christliche
Daseinsorientierung im europäischen Mittelalter wegweisend. Plotin sah den
Menschen in der Spannung zwischen sinnlich-körperlicher und
seelisch-geistiger Realität existieren. Als höchstes eudaimonistisches
Strebensgut jenseits der lebensweltlichen Wirklichkeit bestimmte er das
metaphysische Eine, zu dem es geistig aufzusteigen und zugleich
zurückzukehren gelte. „Unter dem Aufstieg des Menschen ist dann
folgerichtig dessen ‚Geistwerdung’ zu verstehen, also der schrittweise
Übergang zu einer theore-tischen Existenzform verbunden mit einer
moralisch-asketischen Lebensführung.“
Kirchenvater Augustinus sah
menschliches Glücksstreben seinerseits ganz ähnlich darauf gerichtet, zu
Gott zurückzukehren. Glück war für ihn das, worin alles Handeln und Begehren
zum Stillstand kommt. Erst die Unveränderlichkeit Gottes ermöglicht demnach
dauerhaftes menschliches Glück. „Das neuplatonische Motiv des Gott-Habens
oder Gott-Genießens erlangt bei ihm eine bleibende und für die spätere
christlich-metaphysische Tradition zentrale Bedeutung.“
Neuzeitliche Glückskonzepte,
Größtes Glück für größte Zahl, Aufklärung
Die philosophische Auseinandersetzung
mit Bedeutung und Bedingungen menschlichen Glücks bleibt auch in der Neuzeit
vielfältig rückgekoppelt an die antiken Glückshorizonte. Eine Blütezeit
philosophischer Auseinandersetzung über das menschliche Streben nach Glück
bildete das Zeitalter der Aufklärung. Wichtige Anregungen und
Weichenstellungen sind von zwei stark kontrastierenden Konzepten
ausgegangen, die zeitlich parallel zum Entstehungsprozess der Vereinigten
Staaten von Amerika am Vorabend der Französischen Revolution entwickelt
wurden:
Utilitarismus, Bentham & Kant &
Mill
Der von Jeremy Bentham begründete
Utilitarismus mit Anklängen an die Lustlehren des Antisthenes und Epikurs
sowie die an stoische Vernunftsteuerung erinnernde, kosmopolitisch
grundierte Pflichtethik Immanuel Kants. Beiden Ansätzen gemeinsam ist, dass
sie nicht vorrangig auf individuelles Seelenheil zielen, sondern auf
gesamt-gesellschaftliche Wohlfahrt.
Bentham brachte dies zunächst auf die
Formel vom „größten Glück der größten Zahl“, dem zum allgemeinen
Nutzen vor allem in Fragen der Gesetzgebung wichtige Bedeutung zukäme. Im
Rahmen eines „hedonistischen Kalküls“ galt es zu ermitteln, wie sich die mit
bestimmten Maßnahmen einhergehende Lust-Schmerz-Folgerelation zugunsten der
erwünschten Seite optimieren ließe, wobei Intensität, Dauer,
Wahrscheinlichkeit und zeitliche Nähe des Eintretens für beide Messgrößen
taxiert werden sollten. Für den Liberalismus als politische wie als
wirtschaftliche Ordnungslehre stellt der von John Stuart Mill
weiterentwickelte Utilitarismus eine wesentliche Grundlage dar. Mill stellte
heraus, dass es auch andere als hedonistische Formen von Lust bzw. Glück
gibt, und sah den Utilitarismus nicht im Gegensatz zu wissenschaftlicher,
künstlerischer und humanitärer Tätigkeit. Bekannt ist Mills Satz:
„Es ist besser ein unzufriedener Mensch zu sein als ein zufriedenes Schwein;
besser ein unzufriedener Sokrates als ein zufriedener Narr.“
Kant dagegen mochte auf eine so
schwierig bestimmbare und schwankende Bezugsgröße wie das menschliche
Glücksempfinden ethische Normen nicht gründen. Sein handlungsleitender
Maßstab zur Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens, der kategorische
Imperativ, ist ein aufklärerisch-rationales Prinzip, das jedermann zur
Rücksichtnahme auf die Belange von Mitbürgern und Gemeinwesen anhält, ohne
dass eine Glückserwartung sich daraus unmittelbar ableiten ließe: „Daher
ist auch die Moral nicht eigentlich die Lehre, wie wir uns glücklich machen,
sondern wie wir der Glückseligkeit würdig werden sollen. Nur dann, wenn
Religion dazu kommt, tritt auch die Hoffnung ein, der Glückseligkeit
dereinst in dem Maße teilhaftig zu werden, als wir darauf bedacht gewesen,
ihrer nicht unwürdig zu sein.“
Thomä, Scheler, Fichte, Hegel,
Schopenhauer, Nietzsche
Dieter Thomä thematisiert im
Anschluss an Max Scheler geradezu eine Glücksfeindlichkeit der kantischen
und nachkantischen deutschen Philosophie sowohl bei Fichte und Hegel (dem
wohl jedenfalls „die Weltgeschichte nicht der Boden des Glückes“ war) als
auch bei Schopenhauer (der das Glücksstreben der Menschen für ihren
angeborenen Irrtum hielt) und Nietzsche („Trachte ich denn nach dem
Glücke? Ich trachte nach meinem Werke!“).
Andererseits birgt die Dualität von
Selbsterhaltung und Selbstbe-stimmung, die Thomä als Grundelemente modernen
Glücksstrebens auf utilitaristischer Basis und als Grundpfeiler im Denken
der amerikanischen Gründerväter der Vereinigten Staaten ansieht, für ihn die
Gefahr einer teilweisen Überforderung der Individuen als Bürger und tätige
Förderer des eigenen Glücks. Er plädiert für einen entspannteren Umgang mit
der Glücksfrage zur Ausschöpfung der Glückspotenziale: „Das moderne
Konzept selbstbestimmten Lebens hadert mit dem glücklichen Lebensvollzug,
dem glücklichen Eingelassensein in das Leben, und so gleitet ihm das Glück
durch die Finger. Diejenigen, die ihm dann um so hartnäckiger nachjagen,
bemerken nicht, dass sie es nur weiter vor sich her und von sich weg treiben.
Wenn man sich statt dessen in die Unverfügbarkeit des Glücks findet, so
heißt dies auch, dass man die Tatsache dieser Unverfügbarkeit selbst zu
genießen bereit ist. Sie gehört geradewegs zum Glücke selbst. Das Glück
hängt an dem Selbst, das sich dessen erfreut und damit im reinen ist, sich
nicht vollends im Griff zu haben.“
Das Fazit von Thomäs Versuch einer
philosophischen Rehabilitation des Glücks in der Moderne lautet: „Am Ende
ist es die Selbstliebe, bei der die Suche nach einem Weg zwischen
traditionalistischen und autonomistischen Verzeichnungen des menschlichen
Selbst fündig wird.“
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Diese von mir der einschlägigen
Literatur entnommenen Beispiele sollten für meine weiteren Ausführungen zu
diesem schwierigen Thema genügen.
Ich schätze, Sie konnten diesen
Betrachtungen des Glücks und des Strebens danach seitens der hellsten
Geister ohne größere Schwierigkeiten folgen.
Allein die hier bloß beispielhaft
der Literatur entnommenen Betrachtungen stellen ganz unterschiedliche
Positionen und Glaubensanschauungen dar, die mir persönlich als modernen,
aufgeklärten Menschen teilweise artifiziell, teils nicht realistisch und
teils sogar als fehlerhaft erscheinen.
Aber was würden denn passieren, wenn
ich mich angesichts dieses Material und dieser divergierenden Anschauungen
betreffend den Glückshorizont darauf einließe, IHRE EIGENEN SUBJEKTIVEN
GLAUBENSANSCHAUUNGEN ZU HINTERFRAGEN ODER IN DER VON IHNEN ERWARTETEN TIEFE
ZU DISKUTIEREN? WÄREN SIE DANN WIRKLICH BEREIT BZW IN DER LAGE, DEN
ERFORDERLICHEN KONZEPTIONELLEN GEISTIGEN AKROPATENAKT ZU MACHEN, UM ZU
ERKENNEN, DASS AUCH IHRE PERSÖNLICHEN UND PERSÖNLICH LIEB GEWORDENEN
KONZEPTIONEN UNSER THEMA BETREFFEND BLOSS SUBJEKTIVE, ARTIFIZIELLE
GEDANKLICHE BILDER ODER IN IHREM GEISTE GESTALT ANGENOMMENE IDEEN SIND,
DENEN KEINE REALITÄT ZUGRUNDE LIEGT?
KÖNNEN SIE SICH ÜBERHAUPT VORSTELLEN,
DASS AUCH IHRE PERSÖNLICHEN UND SUBJEKTIVEN KONZEPTE BETREFFEND GLÜCK,
STREBEN NACH GLÜCK, ZUFRIEDENHEIT, LEBEN NACH DEM TODE, WESEN DER SEELE UND
ALLE ANDEREN METAPHYSISCHEN (und andere) BETRACHTUNGEN NUR DESHALB FÜR SIE
DEN ANSCHEIN HABEN, REAL ZU SEIN, WEIL MAN IHNEN SEIT IHRER FRÜHEN KINDHEIT
UND IM LAUFE IHRES HERANWACHSENS GRÜNDLICH EINGEBLÄUT HAT, DIE DINGE AUF
DIESE WEISE ZU BETRACHTEN?
O.K. Hier ist ein Beispiel, was damit
gemeint ist:
Glauben Sie an Gott? Der christliche
Gott ist eine Fortentwicklung Jahwes, einer lokalen Gottheit der Hebräer in
längst vergangenen Tagen. Diese glaubten damals an Jahwe so wie deren
benachbarten Stämme an deren eigene Gottheiten glaubten, mit dem vielleicht
vernachlässigbaren Unterschied, dass Baal und andere Gottheiten geschnitzte
oder gemeißelte Idole waren, während Jahwe ein Konzept darstellte. Es gab
aber nicht wirklich große Unterschiedlichkeiten.
Im Laufe der Zeit wurden die
Charakteristika dieses Gottes (Jaweh) geformt, was in etwa 1000 v.Chr.
begann, wobei dessen Eigenschaften immer mehr jene eines zornigen und
rachdürstigen Gottes annahmen, der zum Beistand gegen Feinde angerufen
wurde, bis schließlich 1000 Jahre später Jesus von Nazareth die Bühne
betrat, und als liebender und vergebender 'Sohn des himmlischen Gottes'
verehrt wurde. Der Gott selbst änderte sich dabei aber NICHT, zumal ein
solches Wesen außerhalb der lebhaften Vorstellungen und Imaginationen der
Hebräer NIEMALS existiert hat. Nur das geistige Image von einem solchen Gott
HAT BEI DEN HEBRÄERN TATSÄCHLICH EXISTIERT.
Natürlich hat sich in den seit dem
vergangenen Millennien die damals bloß angenommene Natur bzw. das Wesen
dieses Gottes (Jaweh) verändert, verfeinert und entwickelt, so dass dieses
den Anforderungen der Priesterkaste und der Mentalität der von ihr
kontrollierten Gläubigen gerecht wurde.
Wenn Sie demnach an die Existenz
eines Gottes glauben, dann mag es den Anschein für Sie haben, dass dieser
tatsächlich existiert und daher der Realität zugehört. Aber schauen wir uns
das nun näher an, um an diesem Beispiel die Wertlosigkeit unserer Diskussion
darzutun.
Also, was ist denn das Wesen dieses
Gottes? Wo ist dieser? Ist dieser eine körperliche Entität? Existiert dieser
etwa aufgelöst in irgendeinem Milieu oder in irgend einer Umwelt irgendwo da
draußen? Macht dieser Gott die Ereignisse, die in Ihr Leben treten, oder
jene die sich in dieser Welt ereignen, oder jene im Universum? Wie macht er
denn das, und vor allem warum macht er das? Braucht dieser Gott Energie von
irgend einer Quelle, um dieser Realität hervor zu bringen? Woher kommt
diese Energie? Verändert dieser Gott sein Wesen im Laufe der Zeit?
Sehen Sie, N.N.! Wenn Sie stark genug
an einen Gott glauben, dann haben Sie auf die von mir aufgeworfenen Fragen
auch irgend eine Antwort parat, und zwar unabhängig davon, ob diese Antwort
der beobachtbaren Wirklichkeit entnommen wurde. Wenn Ihr Geist durch die
Fragestellung verwirrt wird, werden Sie einfach den Gegenstand der Frage
vermeiden, die Realität ignorieren UND DENNOCH IHRE PERSÖNLICHE
GLAUBENSANSCHAUUNG AUFRECHT ERHALTEN.
Das, was ich hier über den Gott der
Hebräer (und damit über alle Götter) gesagt habe, gilt - wie Sie durch die
einleitend gegebenen Beispiele leicht erkennen können - auch für unser
Thema, nämlich für unsere persönlichen Vorstellungen von Glück,
Zufriedenheit und die bereits früher angesprochenen metaphysischen Aspekte.
Abschließend möchte ich Ihnen zu
unseren bisherigen Ausführungen noch gerne Folgendes sagen:
Unsere Glaubensanschauungen bringen
kein Licht in diese Realität. Sie klären für uns nicht die Wirklichkeit,
sondern sie vernebeln bloß unsere Wahrnehmung derselben.
Es ist eine natürliche Funktion
unseres Geistes, alle von ihm wahrgenommenen sensorischen Daten mit den
komplexen Strukturen jener Glaubensanschauungen zu vergleichen, die er als
solche bereits akzeptiert hat und welche im individuellen Mindset seit
langer Zeit gespeichert und größtenteils unserer bewussten Aufmerksamkeit
entzogen sind. Unser Geist filtert und interpretiert rasch all unsere
Erfahrungen und akzeptiert jene, welche innerhalb seiner bereits bestehenden
Glaubensanschauungen liegen ALS WAHR und weist den Rest ALS FALSCH oder
FRAGWÜRDIG zurück. Auf diese Weise verstärkt unser aller Geist (Bewusstsein)
immer wieder seine eigenen, bereits akzeptierten Glaubensanschauungen.
Alle Glaubensanschauungen wirken wie
trübe, gekrümmte oder wellenhafte Linsen auf unseren Geist und unser
Bewusstsein. Dennoch werden diese Glaubensanschauungen, wie bizarr auch
immer deren Bild durch diese Zerrlinsen kommen mag, vom konditionierten
Geist akzeptiert und erscheinen uns dann auch als klar und normal.
Es gibt viele Leute da draußen, die
stellen ihre Glaubensanschau-ungen ganz offen zur Schau und sind sogar noch
stolz auf diese, und sie alle tun so, also ob ihre persönliche Überzeugung
irgend ein Wahrheitsbeweis für ihre artifiziellen geistigen Konstrukte wäre.
In einem größeren Schema betreffend die Klarheit des Bewusstseins, haben
aber subjektive Glaubensanschauungen keinen wie immer gearteten Platz.
Mit anderen abschließenden Worten
unser Thema betreffend: So lange Sie (oder ich und alle anderen; lesen Sie
dazu nochmals die obgenannten Philosophen und deren 'Weisheiten') noch immer
Ihren (unseren) Glaubensanschauungen anhängen, können Sie (wir) diese
Realität NICHT klar wahrnehmen, sondern werden auf diese Weise immer nur
unser gesamtes Wesen kompromittieren.
Ich denke, damit habe ich meine
Position klargestellt und die Sinnlosigkeit unserer Diskussion dargetan. Ich
hoffe, dass ich mich mit diesen Ausführungen nicht zu subtil ausgedrückt
habe.
Ich grüße Sie herzlichst, Fritz"
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