Obgleich die Qualität der Erfahrung während des Trancezustandes des
Schamanen im Vergleich mit jener des fortgeschrittenen Yogi während der
Meditation eine unterschiedliche ist, haben beide Praktizierenden eines
gemein: ihr Geist gleitet in ein ekstatisches Bewusstseinfeld, in dem sich
ihre Wahrnehmung über die engen Fesseln ihrer physischen Sinne ausdehnt.
In vielen östlichen und westlichen Geheimlehren sowie im Yoga wird die
Zirbeldrüse als das geheimnisvollste Organe des menschlichen Körpers
betrachtet, da sie die
Schnittstelle des Geistes zum Unterbewussten und Unbewussten repräsentiert.
Aus diesem Grunde haben ihr die Adepten und Eingeweihten unterschiedliche,
mystisch klingende Bezeichnungen beigelegt.
Während die Zirbeldrüse in der Anatomie entsprechend ihrer Lage im Gehirn
schlicht ‚Epiphyse’ genannt wird, ist sie in der Esoterik und im Yoga
als das ‚Dritte Auge’ bekannt.
Für die Yogis
im Hinduismus, Buddhismus und Lamaismus bildet die Epiphyse gemeinsam mit
der Hypophyse das zwischen den Augenbrauen gelegene Ajna Chakra. Bei
den Taoisten wird diese Region als ,Kristallpalast’ bezeichnet.
Die wichtigste
Einsicht aller Geheimlehren betreffend jene mystische Drüse besagt, dass sie
durch bestimmte Yoga- und Meditationsübungen aktiviert werden könne. Danach
würde die Zirbeldrüse nicht nur den ‚Sechsten Sinn’ des Yogis und die
Siddhis (magische bzw. mystische Kräfte) entfalten, sondern für den Geist
des Strebenden auch die Pforte zu den Höheren Welten öffnen.
Aus diesem
Grunde üben sich viele indische Yogis in der ‚Meditation des Dritten
Auges’. Sie weisen ihre Schüler an, sich während der Meditation auf das
Zentrum der Stirn, das zwischen den Augenbrauen angesiedelt ist, zu
konzentrieren.
Wenn irgend ein
Organ als das Zentrum des physischen Gehirns betrachtet werden kann, dann
ist das die Zirbeldrüse. Ein anatomisches Faktum verdient unser besonderes
Interesse: bei höheren Tierarten ist die Zirbeldrüse mit dem Stammhirn
verbunden. Dieses ist einer der ältesten Teile unseres Gehirns, und seine
wichtigste Funktion liegt in der Koordination der Motorik, der
Muskelbewegungen des Körpers.
Wenn Tageslicht
auf die Retina der Augen trifft, wird dieses Signal über den Sehnerv in eine
bestimmte Region des Hypothalamus gesandt, welche ‚Suprachiastischer
Nucleus’ genannt wird. Der Pfad, den das Licht dabei nimmt, wird in der
Anatomie als ‚Rhetinohypothalamischer Trakt’ bezeichnet. Vom
suprachiastischen Nucleus werden dabei nervliche Impulse über das
Sympathische Nervensystem zur Zirbeldrüse geleitet, welche die Produktion
von Melatonin während des Tages hemmen.
In der
Dunkelheit der Nacht und während der Meditation bei geschlossenen Augen wird
die Produktion von Melatonin wieder angeregt, da zu dieser Zeit kein Licht
vorhanden ist, das den Hypothalamus stimuliert und damit einen hemmenden
Impuls setzen könnte.
Während der
Nachtstunden wird das endokrine Hormon Melatonin von der Zirbeldrüse in den
Körper abgegeben.
Man weiß
heute, dass Melatonin eine Rolle betreffend verschiedene Funktionen des
Körpers spielt, auf die wir aber hier nicht näher eingehen.
Im Ergebnis
führt bereits die skizzierte Physiologie dazu, dass die Epiphyse als ein
fotosensitives Organ betrachtet werden muss.
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