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Die Stadtschamanen - Teil 2 von 9
von Dr. Friedrich Demolsky

Achtung: Die Ausführungen in dieser Artikelserie können von mir heute nur mehr dann aufrecht erhalten werden, wenn vom Leser der darin verwendete Begriff 'Stadtschamanen' durch die Worte 'echte Schamanen' ersetzt wird.

Zuviel ist inzwischen passiert, und ich musste erkennen, dass ich die Sachlage zur Zeit des Verfassen dieser Serie zu optimistisch eingeschätzt hatte. Heute weiß ich, dass man nie und nimmer zu einem Schamanen durch den Besuch von Wochenendworkshops oder Ausbildungslehrgängen werden kann, und das gilt auch für die 'Stadtschamanen', die Gegenstand dieser Serie sind.

Wir sehen uns seit einigen Jahren mit einer sehr bedenklichen Entwicklung konfrontiert. Diese hat mir zu diesem klarstellenden Zusatz geraten.

Immer mehr Absolventen einschlägiger Workshops und schamanischer Ausbildungslehrgänge nahmen in dieser Zeit das Vermittlungsangebot meiner Frau Ketut Arianik in Anspruch und haben sie um die Hilfe unserer echten, auf Bali praktizierenden Schamanen aufgrund eigener Probleme gebeten.

Bei vielen Absolventen dieser 'schamanischen Ausbildungen' war das energetische System völlig aus den Fugen, und musste durch unsere schamanischen Heiler während ihres Bali-Aufenthaltes ausbalanciert werden. Andere berichteten uns von Depressionen nach ihrer 'Ausbildung zum Schamanen', von einem gegen sie gerichteten magischen Bann, von einer Serie von Unglücksfällen und andauernden Partnerschaftskonflikten, von beruflichen Misserfolgen und Mobbing, oder sie hatten danach plötzlich zahlreiche Heimsuchungen und Erscheinungen negativ gesinnter Geistwesen oder hörten plötzlich Stimmen, die ihnen den kurz bevorstehenden Tod ankündigten. Einer unserer Klienten, der eine solche 'Ausbildung zum Schamanen' absolviert und danach als 'Schamane' praktiziert hatte, musste nach einem Nervenzusammenbruch sogar den Notdienst einer psychischen Hilfseinrichtung in Anspruch nehmen.

Es waren unsere befähigten balinesischen Schamanen, welche auch diesen Hilfesuchenden geholfen haben, und nicht etwa andere 'Stadt-, Land- und Dorfschamanen', die eine ähnliche 'Ausbildung zum Schamanen' genossen haben wie unsere Hilfe suchenden Klienten selbst.

Aus diesen Gründen, sahen wir uns veranlasst, diesen klärenden Zusatz dem unveränderten Text dieser Artikelserie voran zu stellen.

Siehe dazu auch unsere 5-teilige Videoserie:

Die Schmanenmacher - Teil 1 - 5 >>>

Sanur, am 25.3.2013

Ketut Arianik & Dr. Friedrich Demolsky

 

Die neue Sehnsucht nach transrationaler Spiritualität

Seit 1975 nimmt die esoterische Literatur die vordersten Ränge auf der Frankfurter Buchmesse ein. Seit dieser Zeit besteht in Europa ein ungebrochenes Interesse am Schamanismus, welches zwangsläufig ethnische Komponenten aufweist.

Viele Menschen beschäftigen sich heute mit schamanischen Lehren und Praktiken, die ihnen von indigenen Völkern, von den Indianern Kanadas und Amerikas, den letzten Nachfahren der Inkas in Peru, den Balianen und Dukuns in Indonesien, den Voodoo Priestern in West-Afrika u.v.a. an die Hand gegeben wurden.

Die Ursache für dieses ungebrochene Interesses am Schamanismus erblicke ich in einer kollektiven Sehnsucht des westlichen Menschen, in einer Sehnsucht nach Stabilität, nach Fortbestand der eigenen Spezies, nach Rückverbindung zur Natur und unserer Vergangenheit. Jene Sehnsucht entfaltete sich im Westen in einer Umwelt, wo soziale Veränderung dramatisch zunehmen.

Der westliche Mensch ist aus der Geborgenheit, die in traditionellen Gesellschaften auch heute noch anzutreffen ist, heraus gefallen. Er ist nicht mehr gebunden an eine bestimmte Tradition, die ihm die Richtung weist. Vielmehr kann er seine Weltsicht aus unzähligen Glaubensanschauungen selbst zusammen basteln. Dabei kann er aus einer Unzahl von Weisheitslehren wählen, die entweder historischen Traditionen oder wieder entdeckten Mythen entstammen.

Die westliche Gesellschaft wurde in den letzten Jahrzehnten immer komplexer, und das machte es für den Einzelnen immer schwieriger, sich darin zu orientieren.

Die gesamte gegenwärtige Entwicklung konfrontiert das Individuum mit einer ungeheuren Fülle an Information, während die sozialen Kontrollsysteme der zivilisierten Welt immer häufiger versagen und für den Einzelnen immer undurchschaubarer werden.

Aus diesem Grunde sehnt sich der westliche Mensch nach einer einfacheren Form der Existenz. Er sehnt sich nach einem Leben in einer Umwelt, in der Ereignisse und Beziehungen noch überschaubar, noch begreifbar und  – zumindest potenziell – noch handhabbar für ihn sind.

In der modernen Welt stehen zwei große, entgegengesetzte geistige Strömungen einander gegenüber: Wissenschaft und Liberalismus auf der einen Seite, Religion und Konservatismus auf der anderen.

Während die Wissenschaft und der Liberalismus zutiefst anti-spirituell sind, hält die Religion und der Konservatismus an einer auf Mythen basierenden Welterklärung fest, die als ‘praerational’ betrachtet werden muss.

In einem gewissen Sinne, liegen Wissenschaft und Liberalismus mit ihrer anti-spirituellen Haltung durchaus richtig, da alles, was in der Vergangenheit als ‘spirituell’ betrachtet wurde, heute als prärationales, mythisches, ethnozentrisches und fundamentales Dogma entlarvt ist.

Der Liberalismus verdankt seine Existenz dem Bedürfnis, sich von der Tyrannei prärationaler Dogmen zu befreien. Seine noble Stärke liegt in der Proklamierung der persönlichen Freiheit, der Menschenrechte und der Gleichheit der Menschen angesichts eines häufig feindlich gesinnten und mit Zwangsmitteln agierenden Kollektivs. Und das ist auch der Grund, weshalb sich der Liberalismus von Anbeginn mit der Wissenschaft zusammen getan hat, nämlich um jene fundamentalistische, auf Mythen basierende, prärationale Religion und ihre Tyrannei mit den Gründen der Vernunft zu bekämpfen.

Aber weder die Wissenschaft, noch der Liberalismus haben begriffen, dass es außer diesen prärationalen Mythen auch noch ein transrationales Bewusstsein gibt.

Demnach stehen einander nicht zwei, sondern tatsächlich drei gegensätzliche geistige Strömungen gegenüber:

1. die auf Mythen basierende, prärationale Religion,

2. der auf rationalen Erkenntnissen basierende Liberalismus und die Wissenschaft und

3. eine neue Form transrationaler Spiritualität.

Und an dieser Stelle kommen erneut die Stadtschamanen des 21. Jahrhunderts in unsere Betrachtung, denn sie gehören für mich zu den Vertretern der letztgenannten geistigen Strömung.

Wir wollen uns nun den möglichen Aufgaben der Stadtschamanen in unserer modernen westlichen Welt zuwenden.
 

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