In Fortsetzung von Teil 1 dieser Serie
beleuchten wir hier die Fähigkeiten bestimmter balinesischer Schamanen vor
dem Hintergrund ihrer Gruppenzugehörigkeit:
Balian Terang
terang bedeutet soviel wie "klar" oder
"strahlend", und deshalb ist dieser Balian eine Art Wettermacher auf Bali.
Diese Gruppe ist im Besitz bestimmter
schamanischer Techniken, die es ihren Mitgliedern ermöglichen, innerhalb eines
örtlich
begrenzten Umkreises, willentlich auf das Wettergeschehen Einfluss zu nehmen.
Auf Bali finden im Jahreslauf viele gesellschaftliche und
private Festlichkeiten statt, die meist im Freien abgehalten werden. Um die
Zerstörung von aufwändigen Dekorationen durch allfällige Regengüsse zu
vermeiden und zu gewährleisten, dass der festliche Anlass ohne wettermäßige
Beeinträchtigung durchgeführt werden kann, werden solche Baliane von den
Einheimischen insbesondere während der Regenzeit angeheuert. Ihre
schamanische Aufgabe ist es, während einer solchen Festlichkeit zu
verhindern, dass dieselbe durch Regengüsse beeinträchtigt wird.
Viele positive Berichte über die Fähigkeiten solcher Baliane
kursieren auf der Insel. Häufig wird von Augenzeugen berichtet, dass im
Umkreis von rund 200 Metern jener Örtlichkeit, an der eine derart 'geschützte'
Feierlichkeit stattfand, kein Tröpfchen Regen gefallen wäre, nachdem der
Balian Terang seine Tätigkeit aufgenommen hatte. Die selben Augenzeugen
schwören, dass zur selben Zeit außerhalb des vom Balian geschützten
Bereiches, sintflutartige Regengüsse niedergegangen wären. Die meisten
Baliane Terang sind sich ihrer schamanischen Fähigkeiten so sicher, dass
sie ihre Dienstleistungen mit Geld-Zurückgabe-Garantie anbieten.
Balian
Usada
Seine Heilkräfte gründen auf dem Besitz gewisser Bücher, die
sich mit verschiedenen Gegenständen der 'spirituellen Heilkunde' sowie mit
schamanisch-magischen Techniken befassen.
Obwohl einige Autoren diese Personen
als 'lesende Baliane' bezeichnet haben, impliziert diese Bezeichnung lediglich,
dass diese Baliane bloß gewisse Bücher besitzen, nicht aber, dass sie diese
auch lesen oder lesen könnten.
Jene Bücher, um die es hier geht, sind die Heiligen Lontars, deren Seiten aus
den langen, schmalen Blättern der Lontarpalme bestehen, ein gewöhnlicher
Baum, der in manchen Regionen Balis wächst. Der Text wird in die Blätter mit
einem scharfen Stift eingeritzt und anschließend wird Holzkohle in die
zerklüftete Oberfläche eingerieben, um die Buchstaben sichtbar zu machen.
Die Sprache, die hier verwendet wird, ist entweder altes Balinesisch oder ein
altes Javanisch (Kawi). Nur vier Zeilen Text passen auf ein solches Palmblatt.
Lontars
besetzen einen wichtigen Platz im balinesischen Denken. Die heiligen
Hindu-balinesischen-Texte sind alle auf Lontars geschrieben.
Auf Grund dieser Tatsache, werden die
Lontars auf Bali als heilig betrachtet
und von den Balinesen - mehr noch als die Bibel bei den Christen oder der
Koran bei den Moslems - als ausgesprochen heilige Bücher verehrt. Aber
das balinesische Konzept hinsichtlich der Heiligkeit dieser Bücher bezieht
sich kaum auf deren Inhalte: das physische Buch selbst ist heilig. Der Besitz
eines Lontars, das sich mit religiösen Gegenständen beschäftigt, ist ebenso
heilig wie der Besitz eines Kris oder Keris, ein magisch geladener,
balinesischer Dolch mit schlangenförmig geschwungener Klinge, oder wie der
Besitz einer geheimen oder machtvollen Maske.
Obwohl der Balian Usada die Lontars in seinem Besitz
nicht lesen kann, weil er ein gänzlicher Analphabet ist, werden diese Objekte (Lontars) als Bewahrer von
Zauberkraft betrachtet.
Der Balian Usada überträgt die Zauberkraft auf seine Klienten,
indem er Opferungen vornimmt, Mantras rezitiert und Holy Water verwendet, das
mit den magisch geladenen Objekten und mit dem Klienten in Kontakt gebracht
wird.
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