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Das Alter des Schamanismus - Teil 1 von 5
von Dr. Friedrich Demolsky

Entstand der Schamanismus bereits vor 800.000 Jahren?

Diese Artikelserie ist vom Bemühen getragen, mehr Klarheit bezüglich des wahren Alters des Schamanismus zu schaffen. Dazu ist es erforderlich, dass wir mehr Licht in das Dunkel der Vorgeschichte werfen.

Wir werden deshalb nicht nur die stammesgeschichtliche Entwicklung des Menschen überlicksmäßig betrachten, sondern auch kürzlich gemachte, sehr bedeutsame archäologische Funde. Diese sind in der Tat sensationell! Deren Alter wurde teils auf bis zu 800.000 Jahre vor unserer Zeit datiert. Aus der Zusammenschau aller mir bekannten Fakten, werde ich versuchen, meine persönliche Theorie bezüglich des Alters des Schamanismus abzuleiten. Im letzten Teil dieser Serie werden wir das Auftauchen einer neuen Qualität des Bewusstseins bei den Jägern und Sammlern der Altsteinzeit und dessen Ursache erörtern. Die damit verbundene dramatischen Veränderung in Wahrnehmungsfähigkeit unserer Urahnen bildet die wichtigste Voraussetzung für das Auftauchen des Schamanismus.

Wie ich anderswo gezeigt habe, wird der Schamanismus entweder als eine vorreligiöse Disziplin, oder als die Urreligion der Menschheit betrachtet. Es gibt viele Hinweise, dass aus ihm Magie, Religion, Kunst, Tanz, Musik, Theater und vielleicht sogar die Sprache und die Schrift hervor gegangen sind. Wir finden Fingerzeige in diese Richtung in den Mythen, der Folklore und im Brauchtum unterschiedlicher Völker.

Wir wissen, dass die Wurzeln des Phänomens bis zu den Jägern und Sammlern der Altsteinzeit zurück reichen, doch immer dann, wenn wir die Zeit seines ersten Auftauchens näher konkretisieren wollten, verlor sich die Spur schon sehr bald im Dunkel der Vorgeschichte.

Diese Unklarheit bezüglich der Anfänge des Schamanismus könnte schon sehr rasch durch kürzlich gemachte, aräologische Fundstücke beseitigt werden. Diese werfen ihr eigenes Licht in jene graue Vergangenheit.

Unsere Spezies, der HOMO SAPIENS (lat. homo = Mensch, sapiens = weise), ist die einzige biologische Art des Menschen, die bis auf den heutigen Tage überlebt hat und diesen Planeten bevölkert. All unsere stammesgeschichtlichen Vorfahren und Verwandten sind ausgestorben.

Wenn wir die ‚Geburtsstunde’ des Schamanismus proximativ abklären wollen, müssen wir zunächst eine Abgrenzung zwischen dem HOMO SAPIENS und seinen menschlichen Vorläufern sowie dessen tierischen Verwandten vornehmen.

Wir müssen uns dazu folgende wichtige Frage stellen:

WAS SIND DIE TYPISCHEN EIGENSCHAFTEN, DIE EINEN MENSCHEN AUSMACHEN?

Was unterscheidet also den HOMO SAPIENS von seinen Vorläufern? Ist es etwa der aufrechte Gang? Oder ist es seine Fähigkeit mit dem Feuer umzugehen? Ist es die Verwendung von Werkzeugen? Oder ist es die Erfindung der Sprache und Schrift?

Die Antworten darauf sind so verblüffend wie die Fragen selbst. Bis auf den Gebrauch des Feuers und der Schrift, finden wir alle übrigen der hier genannten Eigenschaften und Fähigkeiten zumindest ansatzweise auch bei unseren Vorfahren und sogar bei unseren stammesgeschichtlichen ‚Seitenverwandten’, den Primaten.

Gemäß einigen Verhaltensforschern, besitzen Schimpansen gewisse Fähigkeiten, die annähernd der Entwicklung eines Dreijährigen entsprechen. Delfine und Affen benutzen primitive Werkzeuge und kommunizieren durch unterschiedliche Grunz- oder Pfeiflaute. Die Wissenschaft hat weiters belegt, dass bestimmte Wale Hirnstrukturen besitzen, die teilweise jenen des Menschen gleichen. Auch diese Säugetiere verständigen sich mittels einer komplexen Kommunikation. Sie leben in sozialen Einheiten zusammen und besitzen anscheinend auch eine rudimentär ausgeprägte Kultur.

Bereits an diesem Punkt erkennen wir, dass es keine leichte Aufgabe ist, eine scharfe Trennlinie zwischen Tier und Mensch zu ziehen. Dennoch können wir unzweifelhaft feststellen, dass die kognitiven Eigenschaften und Fähigkeiten des modernen Menschen von keiner anderen Spezies auf diesem Planeten erreicht wurden.

Wenn man überdies die außerordentlichen kulturellen Leistungen sowie die intellektuellen Fähigkeiten des Menschen auf den Gebieten der Wissenschaften, der Mathematik, Technik, Musik, Literatur, Sprache, Schrift und Kunst in die Gleichung miteinbezieht, dann ergibt sich daraus seine unangefochtene Stellung an der Spitze der gesamten Entwicklung alles Lebens.

Der moderne Mensch, der HOMO SAPIENS, ist seit seinem Bestehen das einzige Lebewesen auf Erden, das die Dimensionen des Universums erforschen und teilweise auch begreifen kann. Er ist die einzige Spezies, die sich seiner selbst in hohem Grade bewusst ist. Und er ist das einzige Lebewesen, das über eine besondere Qualität des Willens verfügt, was ihm ein kontrollierbares Verhalten ermöglicht. Nur der Mensch ist in der Lage, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zeitlich auseinander zu halten, und gerade daraus erwächst ihm allein die Erkenntnis bezüglich seines Anfangs und unvermeidlichen Endes.

Wir wollen in dieser Serie versuchen, das wahrscheinliche Alter des Schamanismus durch Anwendung einer deduktive Methode näher zu konkretisieren. Da auch dieses Unterfangen äußerst schwierig ist, erscheint es mir aus didaktischen Gründen sinnvoll, wenn wir im nächsten Teil die bisher bekannte Entwicklung des Menschen etwas näher beleuchten.

Anschließend werden wir uns mit jenen sensationellen archäologischen Funden beschäftigen, die ein völlig neues Licht auf die Anfänge des Schamanismus werfen. Im letzten Teil dieser Serie werde ich meine Vision betreffend das Aufdämmern des Schamanismus in den post-archaischen Epochen der Altsteinzeit erläutern. 

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